Christian Westerhoff
Miszelle
Veröffentlicht am: 
25. September 2017
DOI: 
10.15500/akm.25.09.2017

General Otto von Emmich gehört zu den umstrittenen deutschen Militärs des Ersten Weltkriegs. Seit 1909 war er der Kommandierende General des X. Armee-Korps in Hannover. Für die Erstürmung der Stadt Lüttich, die den Durchmarsch der deutschen Armee nach Nordfrankreich ermöglichte, erhielt Emmich als erster deutscher Offizier während des Krieges den höchsten Orden Pour le Mérite. Emmich verstarb bereits im Dezember 1915 in Hannover an einer Krankheit, die er sich im Krieg zugezogen hatte. Seine Beisetzung fand unter militärischen Ehren in Hannover statt. Mehrere Denkmäler erinnern an ihn. Straßen, Plätze sowie die Schule für Feldjäger und den Stabsdienst der Bundeswehr in Hannover wurden nach ihm benannt. Historiker werfen ihm jedoch vor, beim Überfall deutscher Truppen auf Belgien im Jahr 1914 an Kriegsverbrechen beteiligt gewesen zu sein. Initiativen fordern daher, den Emmich-Platz und die Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover umzubenennen. Das Bundesministerium für Verteidigung verweist jedoch darauf, dass bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen vorliegen, „die eine persönliche Schuld General von Emmichs belegen, die über seine allgemeine Verantwortung als Kommandierender General des 10. Armeekorps hinausgingen“. 1Es wäre daher wünschenswert, dass die Forschung das militärische Wirken Emmichs während des Ersten Weltkriegs näher untersucht, zumal in Zeiten, in denen die Bundeswehr neu definiert, auf welche Tradition sie sich berufen will. Überdies sind die deutschen Kriegsgräuel des Jahres 1914 aufgrund neuer Publikationen2 derzeit wieder Gegenstand intensiver historischer Debatten.3

Die Bibliothek für Zeitgeschichte (BfZ) in der Württembergischen Landesbibliothek digitalisiert seit 2013 ihre Buchbestände zum Ersten Weltkrieg. Hierbei wurde eine Abschrift des Tagebuchs von General Emmich wiederentdeckt. Der Nachlass Emmichs ging 1945 bei einem Luftangriff auf das preußische Heeresarchivs in Potsdam verloren.4 Hierbei wurde wahrscheinlich auch das Original-Tagebuch zerstört.

Heute existieren nur noch zwei Abschriften: eine im Bundesarchiv-Militärarchiv in Freiburg5 und diejenige in der BfZ. Das Exemplar der BfZ war bisher in Schnellhefter eingebunden und im Buchbestand eingereiht. Es wird jetzt unter der Signatur N60.13-1 in säurefreien Mappen in der Lebensdokumenten-Sammlung der BfZ aufbewahrt. Um das seltene Stück zu schonen und der Forschung besser zugänglich zu machen, wurde es digitalisiert und ist nun über den Katalog der Württembergischen Landesbibliothek,6 den Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK)7 sowie über das Themenportal Erster Weltkrieg8 aufrufbar.

Da Emmich bereits 1915 gestorben ist, hat sein Tagebuch einen sehr unmittelbaren Charakter. Im Gegensatz zu vielen anderen Lebensdokumenten entstand es nicht mit zeitlichem Abstand zum Geschehen. Es wurde auch nicht in eine Reinschrift übertragen und dem Zeitgeist entsprechend überarbeitet.

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